Dienstag, 22. Januar 2008

[Film] The Darjeeling Limited

The Darjeeling Limited ist der neuste Film von Wes Anderson, der vor einigen Tagen in den deutschen Kinos gestartet ist. Es geht um drei Brüder, die eine Reise durch Indien antreten um eine spirituelle Erfahrung zu suchen, die sie näher bringen soll. Wie so oft bei Filmbrüdern, handelt es sich um kauzige Charaktere, die ihre Probleme miteinander haben, was der Stoff ist, der die Geschichte vorantreibt. Wer einen Film erwartet, der von einem gradlinigen Plot gehalten wird, der auf ein angekündigtes Ziel hinarbeitet, wird enttäuscht sein. The Darjeeling Limited ist ein gelassener Film, der seinen Charakteren viel Raum lässt und den Zuschauer einlädt mitzudenken und mitzufühlen. Dem Zuschauer wird eine Geschichte gezeigt und nicht erzählt.

Eine Geschichte, die sich vor allem durch Momente ausdrückt, in der die Absurdität des Tragischen vorgeführt wird. Die Dialoge werden lakonisch und beinahe ausdruckslos hingesagt. Sie sind bestückt mit langen und ungewöhnlichen Pausen. Die Bewegungen der Figuren sind oft ungelenk und ohne den üblichen Anmut, den man von amerikanischen Spielfilmen gewohnt ist. Als es zu einer Prügelei zwischen den Brüdern kommt, werden keine geballten Fäuste geschwungen, die mit einem markigen Krachen das Kinn des Gegners treffen. Es wird wie in Kindergarten-zeiten gerungen und das ganze ist vorbei, bevor es überhaupt angefangen hat. Ich möchte aber nicht falsch verstanden werden. Der Stil des Films ist nicht realistischer als das typische US-Kino. Ganz im Gegenteil. The Darjeeling Limited könnte gar nicht noch weiter vom pseudo-dokumentarischen Anspruch einer realistischen Filmwelt entfernt sein. Das Indien in dem The Darjeeling Limited spielt ist in seiner fröhlichen Farbgebung, beinahe schon so intensiv wie ein Zeichentrickfilm. Ein Zeichentrickfilm, der die gewichtigen Ereignisse der Geschichte genauso verpackt wie die kleinen Gags nebenher. Diese Mischung aus zu großer Ausdruckskraft der Situationen und der unterdrückten oder besser angehaltenen Emotionen der Charaktere hat eine seltsame und sehr eigene Spannung zu Folge.

The Darjeeling Limited ist der womöglich zugänglichste und auch fröhlichste der bisherigen Wes Anderson-Filme. Nicht dass seine Filme nicht immer einen großen Schuß Humor hatten. Sein letzter (The Life Aquatic with Steve Zissou) jedoch kreiste - neben all dem lakonischen Witz und absurder Situationskomik - um eine sehr triste und fast schon trostlose Geschichte eines von Trauer um seinen verstorbenen Freund überwältigen Mannes, der mit seinen Gefühlen allein gelassen ist und nirgendwo die Solidarität findet, die er braucht um den Verlust zu verarbeiten.

Ausserdem hat er ein gelbes Unterseeboot.

Es ist dieser Kontrast zwischen dem Tragischen und dem Absurden, dem Pathos der menschlichen Existenz (Liebe, Trennung, Verlangen, Sehnsucht, Tod, etc.) und der Banalität des täglichen Lebens, die den Charme der Wes Anderson Filme ausmacht. Man muss diese vermeintlichen Gegensätze beim Schauen vereinen, damit sich einem diese Filme öffnen.

Wem das jetzt alles viel zu verkopft klingt, zu pompös oder durch meine Interpretation künstlich aufgebläht, der sei versichert, dass The Darjeeling Limited vor allem ein kauziger und fröhlicher Film ist. Ein Film über drei ulkige Brüder, die eine Reise durch Indien antreten. Man kann über die verschrobenen Figuren und ihre absurden Kommentare lachen und so Spaß im Kino haben. Man kann sich aber auch gemeinsam mit ihnen auf eine Reise begeben und so einen sehr rührenden Film sehen, in dem drei Brüder lernen, dass sie trotz all ihrer Macken und ihrer Dsyfunktionalität nicht alleine sind.

Ich kann The Darjeeling Limited jedem empfehlen, der...
- einen eigentümlichen Filmstil zu schätzen weiß
- Rushmore, The Royal Tenenbaums oder The Life Aquatic with Steve Zissou toll fand
- es mag wenn man in einer Szene gleichzeitig lachen und weinen kann
- Spaß an Filmen hat, in der die Geschichte nicht von Plotpunkt zu Plotpunkt hetzt, sondern gelassen entlang schlendert